ArbeitnehmererfinderrechtDas Arbeitnehmererfinderrecht regelt die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Zusammenhang mit Erfindungen, die ein Arbeitnehmer während seines Arbeitsverhältnisses gemacht hat. Es ist im Arbeitnehmererfindergesetz (ArbEG) in Deutschland geregelt. Ziel ist es, einen Ausgleich zwischen den Interessen des Arbeitgebers an der Nutzung der Erfindung und den Rechten des Arbeitnehmers an seiner geistigen Leistung zu schaffen.
1. Schritte der Erfindermeldung und nachfolgende Verfahrena) ErfindungsmeldungPflicht des Arbeitnehmers zur Meldung: - Arbeitnehmer müssen eine Erfindung unverzüglich und schriftlich beim Arbeitgeber melden (§ 5 ArbEG).
- Die Meldung muss enthalten:
- Technische Beschreibung der Erfindung.
- Angaben zur Mitwirkung anderer Personen.
- Information, ob die Erfindung während der Arbeitszeit oder unter Nutzung von Betriebsmitteln gemacht wurde.
Formale Anforderungen: - Die Meldung muss vollständig und detailliert sein, um dem Arbeitgeber die Prüfung der Erfindung zu ermöglichen.
b) Entscheidung des Arbeitgebers- Prüfung der Erfindung durch den Arbeitgeber:
- Der Arbeitgeber hat 4 Monate Zeit, die Erfindung zu prüfen und zu entscheiden, ob er sie beansprucht (§ 6 ArbEG).
- Möglichkeiten des Arbeitgebers:
- Inanspruchnahme der Erfindung: Der Arbeitgeber erklärt schriftlich, dass er die Erfindung in Anspruch nimmt. Damit wird die Erfindung eine "Diensterfindung".
- Freigabe der Erfindung: Der Arbeitgeber verzichtet auf die Inanspruchnahme, und die Rechte verbleiben vollständig beim Arbeitnehmer.
c) Anmeldung der Erfindung zum Patent- Bei Inanspruchnahme ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Erfindung zum Patent anzumelden (§ 13 ArbEG).
- Frist: Die Anmeldung muss innerhalb von 4 Monaten nach Inanspruchnahme erfolgen.
d) Vergütung des Arbeitnehmers- Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die sich nach der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung richtet (§ 9 ArbEG).
- Die Vergütung ist auch bei Lizenzierung oder Verkauf des Patents fällig.
2. Zeitdauer der Verfahren- Erfindungsmeldung: Unverzüglich nach Fertigstellung der Erfindung.
- Prüfung durch Arbeitgeber: 4 Monate ab Erfindungsmeldung.
- Patentierung: 4 Monate nach Inanspruchnahme.
- Vergütungsverfahren: Nach wirtschaftlicher Verwertung, wobei die Berechnung oft komplex ist und sich über mehrere Monate ziehen kann.
3. Formel zur Berechnung der ArbeitnehmererfindervergütungDie Berechnung erfolgt nach dem ArbEG unter Berücksichtigung der folgenden Faktoren: - Einnahmen: Erlöse aus der Verwertung der Erfindung (z. B. durch Verkauf, Lizenzgebühren).
- Erfinderanteil: Anteil des Arbeitnehmers an der Erfindung (Bewertung der Erfindungsleistung).
- Unternehmensfaktor: Berücksichtigung des Beitrags des Unternehmens (z. B. Betriebsmittel, Entwicklungsunterstützung).
Die übliche Formel lautet: Vergu¨tung=Bruttoerlo¨s×Erfinderanteil×Vergu¨tungssatz\text{Vergütung} = \text{Bruttoerlös} \times \text{Erfinderanteil} \times \text{Vergütungssatz}Vergu¨tung=Bruttoerlo¨s×Erfinderanteil×Vergu¨tungssatz - Erfinderanteil: Wird anhand der Bedeutung der Erfindung und der Leistung des Arbeitnehmers geschätzt (oft 10–30 %).
- Vergütungssatz: Zwischen 50 % (bei überwiegender Nutzung durch den Arbeitgeber) und 100 % (bei reinem Erfinderbeitrag).
4. Fälle, die nicht dem Arbeitnehmererfinderrecht unterliegenFreie Erfindungen: - Erfindungen, die außerhalb der Arbeitszeit und ohne Nutzung von Betriebsmitteln gemacht wurden (§ 4 ArbEG).
- Beispiel: Ein Ingenieur entwickelt zu Hause ein technisches Gadget ohne Bezug zu seiner beruflichen Tätigkeit.
Erfindungen außerhalb des Anwendungsbereichs des ArbEG: - Selbstständige Unternehmer oder freie Mitarbeiter sind nicht vom ArbEG erfasst.
- Beispiel: Ein freiberuflicher Programmierer entwickelt eine Softwarelösung im Auftrag eines Unternehmens.
5. Lösungs- und Fördermöglichkeiten für Unternehmena) Systeme zur Förderung von InnovationenIdeenmanagement-Systeme: - Einführung eines betrieblichen Vorschlagswesens, um Mitarbeiter zur Einreichung von Ideen zu motivieren.
- Belohnungen für innovative Vorschläge unabhängig von der Patentierung.
Innovation Labs: - Bereitstellung von Ressourcen (z. B. Zeit, Budget, Geräte) für Mitarbeiter, um neue Ideen zu entwickeln.
- Beispiel: Ein Unternehmen richtet einen „Innovationstag“ ein, an dem Mitarbeiter an eigenen Projekten arbeiten können.
Mitarbeiterbeteiligung an Patenterlösen: - Über das ArbEG hinausgehende, freiwillige Beteiligung der Erfinder an Lizenzgebühren oder Patenterlösen.
- Beispiel: Ein Unternehmen zahlt Erfindern 10 % der Einnahmen aus der Lizenzierung.
Schulungen und Workshops: - Schulungen zur Förderung der Innovationskultur.
- Beispiel: Kurse zu Patentrecht, Prototyping oder Kreativmethoden wie Design Thinking.
6. Alternative Möglichkeiten zur Vergütung und InnovationLizenzmodelle: - Der Arbeitgeber kann mit dem Arbeitnehmer Lizenzvereinbarungen schließen, anstatt die Erfindung direkt zu beanspruchen.
Freigabe von Erfindungen: - Das Unternehmen kann entscheiden, die Rechte an einer Erfindung vollständig dem Arbeitnehmer zu überlassen, um mögliche Verpflichtungen zu vermeiden.
Monetäre Anreize: - Prämien für Erfindungen unabhängig von der wirtschaftlichen Verwertung, z. B. Sofortboni für Patentmeldungen.
7. Beispiele für praktische SystemeSiemens „InnoCentive“: - Eine interne Plattform zur Sammlung und Belohnung von Innovationen durch Mitarbeiter.
Google „20 %-Regel“: - Mitarbeiter dürfen 20 % ihrer Arbeitszeit für eigene Projekte verwenden, was Innovationen wie Gmail hervorgebracht hat.
BASF Ideenmanagement: - Strukturierter Prozess zur Einreichung und Bewertung von Mitarbeiterideen mit finanziellen Anreizen.
Gerichtliches Verfahren in Angelegenheiten des ArbeitnehmererfinderrechtsRechte oder Rechtsverhältnisse können im Wege der Klage erst geltend gemacht werden, nachdem ein Verfahren vor der Schiedsstelle vorausgegangen ist. Dies gilt nicht, wenn mit der Klage Rechte aus einer Vereinbarung geltend gemacht werden oder die Klage darauf gestützt wird, daß die Vereinbarung nicht rechtswirksam sei; wenn seit der Anrufung der Schiedsstelle sechs Monate verstrichen sind; wenn der Arbeitnehmer aus dem Betrieb des Arbeitgebers ausgeschieden ist; wenn die Parteien vereinbart haben, von der Anrufung der Schiedsstelle abzusehen. Diese Vereinbarung kann erst getroffen werden, nachdem der Streitfall eingetreten ist. Sie bedarf der Schriftform. Besteht Streit über die Höhe der Vergütung, so kann die Klage auch auf Zahlung eines vom Gericht zu bestimmenden angemessenen Betrages gerichtet werden. Für alle Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers sind die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte (§ 143 des Patentgesetzes) ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Vorschriften über das Verfahren in Patentstreitsachen sind anzuwenden. Ausgenommen von der Regelung sind Rechtsstreitigkeiten, die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Erfindung zum Gegenstand haben. Weitere Informationen zum allgemeinen Arbeitsrecht. |