GesellschaftsrechtDas Gesellschaftsrecht regelt die Gründung, Organisation, Umwandlung und Beendigung von Gesellschaften sowie die Rechte und Pflichten der Gesellschafter. Es ist eine komplexe Rechtsmaterie, die national, europäisch und international unterschiedlich ausgestaltet ist. In Deutschland wird es im Wesentlichen durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Handelsgesetzbuch (HGB), das GmbH-Gesetz (GmbHG), das Aktiengesetz (AktG) und das Umwandlungsgesetz (UmwG) geregelt.
1. Gesellschaftsarten in Deutschlanda) PersonengesellschaftenGesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): - Einlage: Keine Mindesteinlage, individuelle Vereinbarung möglich.
- Haftung: Unbeschränkte persönliche Haftung der Gesellschafter.
- Beispiel: Zwei Freiberufler gründen eine GbR zur gemeinsamen Projektabwicklung.
Offene Handelsgesellschaft (OHG): - Einlage: Keine Mindesteinlage erforderlich.
- Haftung: Persönliche, unbeschränkte Haftung der Gesellschafter.
- Beispiel: Zwei Kaufleute betreiben ein Handelsgeschäft als OHG.
Kommanditgesellschaft (KG): - Einlage: Kommanditist haftet nur mit seiner Einlage, Komplementär haftet unbeschränkt.
- Beispiel: Ein Investor bringt Kapital als Kommanditist ein, der Geschäftsführer ist Komplementär.
b) KapitalgesellschaftenGesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH): - Einlage: Mindeststammkapital 25.000 €, davon 12.500 € bei Gründung.
- Haftung: Beschränkt auf das Gesellschaftsvermögen.
- Beispiel: Gründung einer GmbH für den Betrieb eines IT-Unternehmens.
Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt): - Einlage: Mindestens 1 €, Bildung von Rücklagen erforderlich.
- Haftung: Beschränkt auf das Gesellschaftsvermögen.
- Beispiel: Startup-Gründung mit geringem Kapitalbedarf.
Aktiengesellschaft (AG): - Einlage: Grundkapital mindestens 50.000 €.
- Haftung: Beschränkt auf das Gesellschaftsvermögen.
- Beispiel: Börsennotierte Unternehmen.
c) Sonstige Gesellschaftsformen- Genossenschaft: Förderung der Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb (Mindestmitgliederzahl: 3).
- Verein: Nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet, aber auch wirtschaftliche Vereine möglich.
2. Gesellschaftsarten in Europa und der EUa) Nationale GesellschaftsartenFrankreich: - Société à responsabilité limitée (SARL): Entspricht der deutschen GmbH.
- Société anonyme (SA): Entspricht der deutschen AG.
Italien: - Società a responsabilità limitata (S.r.l.): Vergleichbar mit der GmbH.
- Società per azioni (S.p.A.): Vergleichbar mit der AG.
Großbritannien: - Private Limited Company (Ltd.): Haftungsbeschränkte Kapitalgesellschaft.
- Public Limited Company (PLC): Börsennotierte Kapitalgesellschaft.
b) Europäische GesellschaftsartenEuropäische Aktiengesellschaft (SE): - Gründung nach EU-Recht, Grundkapital mindestens 120.000 €.
- Haftung auf Gesellschaftsvermögen beschränkt.
- Flexibilität durch grenzüberschreitende Sitzverlegung.
Europäische Genossenschaft (SCE): Förderung der Mitglieder durch gemeinschaftliche Geschäftstätigkeit.
3. Einlage und Haftung- Einlagen: Kapital, Sachwerte oder Dienstleistungen, die die Gesellschafter einbringen.
- Haftung:
- Personengesellschaften: Persönliche Haftung der Gesellschafter.
- Kapitalgesellschaften: Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen.
4. Rechtsfolgen von Gesellschaftsverhältnissen- Rechte und Pflichten der Gesellschafter ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag.
- Mögliche Rechtsfolgen:
- Anspruch auf Gewinnbeteiligung.
- Mitspracherechte in der Geschäftsführung.
- Haftung bei fehlerhafter Geschäftsführung oder Insolvenz.
5. Umwandlung- Umwandlungsgesetz (UmwG) regelt:
- Verschmelzung: Zwei oder mehr Gesellschaften fusionieren.
- Spaltung: Abspaltung oder Ausgliederung eines Unternehmensteils.
- Formwechsel: Änderung der Gesellschaftsform (z. B. von GmbH in AG).
6. GesellschafterstreitTypische Streitpunkte: - Ausschüttung von Gewinnen.
- Entscheidungen der Geschäftsführung.
- Ausschluss von Gesellschaftern.
Rechtsfolgen: - Einleitung eines Schiedsverfahrens oder Gerichtsverfahrens.
- Auflösung oder Ausschluss eines Gesellschafters.
7. Liquidation und Insolvenz- Liquidation: Geordnete Beendigung der Gesellschaft mit Verkauf von Vermögenswerten und Befriedigung der Gläubiger.
- Insolvenz: Abwicklung im Rahmen eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens.
8. Aktuelle Rechtsprechung- BGH zur Geschäftsführerhaftung (2023): Geschäftsführer haftet persönlich bei grob fahrlässiger Pflichtverletzung.
- EuGH zu grenzüberschreitender Sitzverlegung (2022): Erleichterte Sitzverlegungen innerhalb der EU.
9. Internationales Gesellschaftsrecht- Regelung grenzüberschreitender Aspekte:
- Sitzverlegung.
- Anerkennung von Gesellschaften in anderen Staaten.
- Anwendung internationalen Handelsrechts.
10. Typische Verträge- Gesellschaftsvertrag: Grundlage für Rechte und Pflichten der Gesellschafter.
- Geschäftsführeranstellungsvertrag: Regelung der Befugnisse und Vergütung von Geschäftsführern.
- Kaufvertrag über Gesellschaftsanteile: Übertragung von Anteilen an der Gesellschaft.
- Joint-Venture-Vertrag: Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen.
- Fusionsvertrag: Regelung bei Verschmelzung zweier Gesellschaften.
11. Beispiele- Gründung einer GmbH durch drei Gesellschafter zur Entwicklung und Vermarktung von Software.
- Fusion zweier AGs zu einer europäischen Aktiengesellschaft (SE).
- Streit zwischen zwei Gesellschaftern einer GbR über die Verteilung des Gewinns.
12. Tätigkeiten einer Anwaltskanzlei im GesellschaftsrechtBeratung- Gründung und Strukturierung von Gesellschaften.
- Erstellung und Prüfung von Gesellschaftsverträgen.
- Steuerliche und rechtliche Beratung bei Umwandlungen.
Vertretung- Vertretung bei Gesellschafterstreitigkeiten.
- Vertretung in Insolvenzverfahren oder Liquidationen.
- Vertretung in Streitfällen über Haftung oder Vertragsverletzungen.
Prävention- Gestaltung von Exit-Klauseln und Streitvermeidungsmechanismen in Verträgen.
- Erstellung von Compliance-Programmen für Gesellschaften.
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